Ein Klischee, bitte

Als Antwort auf meine Kolumne erreichte mich per Twitter ein Artikel mit dem Titel: Warum immer mehr Männer lieber Single bleiben. Der Inhalt, Ihr ahnt es sicher: Weil Frauen zickig sind, sooo gemein zu Männern, dass diese lieber allein durchs Leben wandern, als sich den Stress anzutun und natürlich weil der unsägliche Trend zum Feminismus der ganzen Menschheit schadet. Ja, genau. Die Kritik der Öffentlichkeit an weißen, reichen Männern ist dem Neid der Frauen geschuldet, weil sie natürlich niemals so erfolgreich sein werden wie eben diese Männer. Warum? Weil sie Frauen sind und deshalb neidisch, missgünstig und habgierig. Sie schröpfen Männer, ohne mit der Wimper zu zucken – Ich weiß nicht, ob sich auf die Schnelle mehr Klischees in einen Artikel packen ließen, aber ich kann noch eines nachlegen: Wer so wütend auf die Frau an sich ist, hat bestimmt eine ganz bestimmte Frau im Auge, mit der er noch eine Rechnung offen hat.

Natürlich sind solche Artikel eher Schmunzelmaterial, als ernst zu nehmen, obwohl ich befürchte, dass sie durchaus ernst gemeint sind. Leider treffen wir Klischees überall, auch außerhalb von engstirnigen Gemütern. Es fängt schon klein an: Das Kinderzimmer des ungeborenen Baby Girls wird rosé gestrichen, weil es mädchenhaft ist. Logisch. Und das Jungszimmer ist natürlich genau wie die Kleidung, blau, männlich und auf keinen Fall pink. Es geht aber auch andersherum: Eine Mutter beschwert sich, dass die Tochter ein rosafarbenes Kleid tragen möchte, obwohl sie als Frau sich nicht mit diesem Rollenverständnis identifizieren kann. Und dann sind da noch die unendlich vielen Alltagsklischees. Männer weinen nicht, Frauen dafür andauernd, auch ohne Grund und überhaupt nur, um Männern mit ihrer Heulerei auf die Nerven zu gehen oder um emotionalen Druck aufzubauen. Klar. Frauen wollen heiraten, immer, am besten sofort, um den Mann an sich zu binden. Dazu sind sie auch bereit, ihren Liebsten in die Falle zu locken, gerne mit einer Schwangerschaft. Warum Männer, die so etwas glauben, überhaupt heiraten, ist mir ein Rätsel. Ach ja, das ist der Punkt, Männer wollen nicht heiraten. Nie. Sie ringen sich nur dazu durch, genau wie zu Kindern. Die Exemplare, die Kinder lieben, sind selten und müssen unbedingt sofort vom Markt geschnappt werden, bevor sie vergriffen sind, zur Not auch dann noch. Welche Frau interessiert sich schon für das Glück einer anderen? Und Männer können ohnehin nicht treu sein. Das liegt nämlich nicht in ihrer Natur. Dafür hat der Neandertaler gesorgt oder die Verfasser klischeestrotzender Artikel. Ich erinnere mich nicht mehr genau.

Was ich aber weiß, ist, das wir damit aufhören sollten, Menschen über einen Kamm zu schweren. Ja, Stereotypisierung ist ein Überlebensmechanismus, aber sie dient zur Orientierung und keineswegs dazu, sich einen genauen Blick auf die Persönlichkeit eines Menschen zu sparen. Es gibt Frauen, die zickig sind, aber genauso viele Männer, die andauernd grummeln, nur weil ihre Stimme tiefer ist, sind sie deshalb nicht weniger nervenaufreibend. Und was das Rosé angeht, ist es nur eine Farbe wie jede andere auch. Niemand wird von einem T-Shirt in Rosé zu weiblich, ja womöglich noch weibisch. Wenn die Farbe unserer Kleidung, ausschlaggebend für unseren Charakter wäre, dann hätten wir ein ganz anderes Problem. Nicht auszudenken, was aus Babys würde, deren Kinderzimmerwände blau-rosé gestreift wären.