Rache ist süß

Adele hat eine ganzes Album über ihren Exfreund geschrieben und schwankt in ihren Liedern zwischen Trauer, Selbstmitleid und Wut. Und natürlich lauern Rachegedanken nur einen Steinwurf entfernt vom Ärger. Wer von uns hat nicht bereits in einer stillen Stunde Gedanken gesponnen, wie wir es einer Person, die uns verletzt hat, betrogen oder einfach im Regen stehen lassen hat, heimzahlen kann? Im Kopf ist alles möglich genau wie im Film oder Roman. Garnelen, die vor dem Auszug in den Gardinenstangen versteckt werden, und so stinken, dass das Haus für den Ex und seine Neue unbewohnbar wird. Das geliebte Motorrad, das für einen Euro verkauft wird oder natürlich die Klassiker aus dem Rosenkrieg, wie der speziell garnierte Fisch. Im echten Leben sind solche Aktionen natürlich nicht realistisch und in manchen Fällen sogar strafbar. Von der Idee, sich rächen zu wollen für eine tiefe Verletzung oder dafür, hintergangen worden zu sein, können wir uns dennoch manchmal nicht befreien. Warum sollten wir uns schlecht fühlen und dem Schuldigen geht es weiterhin gut? Warum sollten unser Ex, eine hinterhältige Arbeitskollegin oder eine frühere Freundin glücklich durchs Leben spazieren, während wir leiden? Das wäre mehr als unfair, oder? Kein Wunder also, dass es heißt: Rache ist süß.

Nur ist sie das wirklich? Davon abgesehen, dass  viele der Dinge, die wir im Kino sehen oder im Liebesroman lesen, uns tatsächlich richtig Ärger bereiten können, wenn wir erwischt werden und uns nicht zuletzt ein Gerichtsverfahren und eine hohe Strafe an den Hals hängen könnten. Wer erinnert sich noch an Meg Ryan, die ihren Ex im Film mit Erdbeeren ins Krankenhaus befördert? Auf der Leinwand ist das witzig, im echten Leben Körperverletzung. Aber auch wenn wir den perfekten Weg finden, uns zu rächen, ohne die Grenzen des Gesetzes zu überschreiten oder darauf zu balancieren, selbst wenn wir dem Ex den Tag ruinieren, die neue Beziehung oder den nächsten lukrativen Auftrag, fühlen wir uns danach wirklich besser? Ich bin mir nicht sicher. Zwar habe ich noch nie eine Rachefantasie in die Tat umgesetzt, aber ich könnte mir vorstellen, dass ich mich nicht wohl mit dem fühlen würde, was so ein Handeln über mich aussagt. Wenn mein Ex durch mich seinen Job verliert, weil er mich betrogen hat, kann ich mich danach nicht mehr für einen guten aufrichtigen Menschen halten. Klar, der Triumph, die Verletzung heimzuzahlen, wäre sicher ein paar Augenblicke lang riesig, aber die Leere danach genauso groß wie zuvor. Uns rächen zu wollen, hat nicht zuletzt auch etwas damit zu tun, dass wir das Gleichgewicht der Kräfte wieder herstellen wollen, zeigen, dass wir nicht hilflos sind, nicht den Taten anderer wehrlos gegenüber stehen. Aber Rache macht uns auch zu einem Täter. Während jeder einmal geblendet, hinters Licht geführt, über den Tisch gezogen werden kann und sich dafür nicht schämen muss, ist Rache eine bewusste Entscheidung, für die wir die Verantwortung tragen müssen und wenn auch nur vor uns selbst. Und genau das ist, glaube ich der Punkt, erhobenen Hauptes aus einer Niederlage hervorzugehen, ist viel mehr Wert, als sich selbst hinter den Kulissen zu verstecken und Rachepläne zu schmieden. Wenn der Ex, die hinterhältige Kollegin oder die Freundin, die keine mehr ist, sehen, dass wir weitermachen, nicht aufhören zu leben und wieder glücklich werden, ist das besser als jeder Garnelengestank oder verdorbener Fisch. Und wenn sie sich nicht dafür interessieren, ob wir nach ihnen ein gutes Leben führen oder nicht, ist das auch kein Problem. Wir wissen es und können jeden Morgen mit der Gewissheit in den Spiegel schauen, mit dem Wissen, dass wir im Gegensatz zu ihnen aufrichtig sind.