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Fragen, die Autoren nicht hören wollen

Fragen über Fragen ©Nicole Neuberger

Als mein Arzt im Urlaub war, musste ich mit einer fiesen Grippe zu seiner Vertretung. Die Dame wollte wissen, was ich beruflich mache, vermutlich wegen der ausstehenden Krankschreibung. Auf meine Antwort „Ich bin Autorin“, zog sie die Augenbrauen hoch (ja, beide) und fragte: „Und davon können Sie leben?“ Ich war einen Moment lang sprachlos. Wäre ich nicht so krank gewesen, wäre mir vielleicht eine schlagkräftige Antwort eingefallen, aber das ist sie nicht. Bis heute wurde mir diese Frage und unzählige Male gestellt, genau wie viele andere, die ebenfalls ein wenig fehlgeleitet oder total daneben sind. Deshalb hier meine Auswahl an Fragen und Aussagen, die bestimmt jeder Autor schon Tausendmal gehört hat und auf die er nur zu gerne verzichten würde.

• Ach, Du bist Autor? Kannst Du davon leben? Dicht gefolgt von: Was verdient man denn da so?
• Worüber schreibst du denn so? Gefolgt von: Und das interessiert/ lesen die Leute?
• Ich würde ja auch gerne ein Buch (sehr gerne auch Kinderbuch) schreiben, aber dazu fehlt mir die Zeit.
• Wenn Du wüsstest was ich alles schon erlebt habe. Willst Du darüber vielleicht mal ein Buch schreiben?
• Warum schreibst Du nicht so etwas wie Harry Potter (wahlweise Shades of Grey, Herr der Ringe, Twilight)?
• Hast Du das alles selbst erlebt?
• Wer liest denn heute noch?
• Warum machst Du nicht einen yx Kurs? Dann findest Du sicher auch einen richtigen Job.
• Und dein Mann findet das in Ordnung? Gefolgt von: Hoffentlich verdient Dein Mann genug.
• Romane sind doch nur Schöngeisterei.
• Ist das nicht ein teures Hobby?
• Warum werden Deine Romane denn nicht verfilmt?
Speziell für Selfpublisher
• Warum veröffentlichst Du nicht bei einem Verlag?
• Waren Dein Buch nicht gut genug für den Verlag?
• Wenn kein Verlag Dein Buch veröffentlichen möchte, wäre es nicht besser, wenn Du Dir einen richtigen Job suchst?
• Willst Du nicht einmal eine Lesung in der Stadthalle halten? Dann verkaufst Du bestimmt ein paar Bücher.
• Mach doch einen Stand auf dem Weihnachtsmarkt für Deine Bücher.
• Ebooks liest doch keiner, die setzen sich nicht durch. Mach lieber richtige Bücher.
• Also ich kaufe ja lieber im Buchhandel vor Ort. Amazon unterstütze ich grundsätzlich nicht.
Ich kann nicht zählen, wie oft ich die Fragen nach meinem Verdienst, danach, warum ich nicht Harry Potter schreibe oder ob ich nicht das spannende Leben meines Gegenüber in einen Roman verwandeln möchte, schon gehört habe. Und ich weiß nicht, warum den meisten in Ordnung zu sein scheint, Selbstständige (nicht nur Autoren) nach ihrem Verdienst zu fragen, während das bei Angestellten nie ein Thema ist. Bevor ich meinen ersten Roman veröffentlicht habe, war mir gar nicht bewusst, wie viele Menschen ihr Leben für so interessant halten, dass sie glauben, jemand sollte ein Buch über sie schreiben. Ich möchte jedes Mal dazu sagen: Nein. Millionen andere waren auch schon einmal arbeitslos, haben eine Scheidung hinter sich, hatten Pech mit dem Hausbau oder wurden von ihrem Freund betrogen. Das ist nicht der Stoff aus dem gute Bücher gemacht werden. Und wenn Du ausreichend Material mitbringst, einen Mord begangen oder Rentner mit einem groß angelegten Schneeballsystem um ihr Erspartes betrogen hast, möchte ich nichts davon wissen. Ich verlasse mich auf meine Fantasie und mein Handwerk, weshalb ich nicht alles, was sich schreibe auch wirklich erlebt haben muss. Stellen Menschen diese Frage eigentlich auch Krimiautoren oder solchen von Psychothrillern? Und was das eigene Kinderbuch angeht. Nur weil jemand Kinder hat, heißt das nicht, dass er auch Kinderbücher schreiben kann. Im Gegenteil, dieses Genre erfordert sogar einiges an Können und eben Handwerk, das einer Mutter nicht automatisch mit der Geburt ihres ersten Kindes in den Schoß fällt. Ich könnte ewig weiterschreiben, die Fragen beantworten oder eben lang und breit erklären, warum es unhöflich und grenzüberschreitend ist, sie zu stellen, aber ich fürchte, das würde kein bisschen weiterhelfen. Aber allen, die gerne noch ein paar Fragen lesen würden, die man Freunden und Bekannten niemals stellen sollte, empfehle ich meine Kolumne: Wieso, weshalb, warum?.

Und wer jetzt wirklich noch eine Frage hat, darf sie in den Kommentaren gerne stellen.