Wie ist das bei Euch? Zeigt Ihr Eurem Liebsten alles? Eure Beautygeheimnisse oder Euer ungeschminktes Gesicht, die Stoppeln auf den Beinen? Oder wahrt Ihr den Schein? Ich kenne eine Frau, die auch nach dreißig Ehejahren jeden Morgen vor ihrem Mann aufsteht und sich schminkt, bevor sie gemeinsam mit ihm frühstückt. Klingt verrückt, andererseits steckt auch eine Menge Einsatz und Überzeugung hinter dem Verhalten und hinter dem Wunsch, immer und ohne Ausnahme gut für den eigenen Mann aussehen zu wollen. Ob der Mann das genauso sieht, ob er sich schon am Morgen eine voll gestylte Frau wünscht oder ob ihm egal ist, wie viel Make-up sie trägt, solange sie an seiner Seite ist, weiß ich nicht.
Ganz so extrem müssen wir sicher nicht sein, aber wie viel Geheimnis ist gut, um die Magie aufrecht zu erhalten? Oder ist das Verstecken der eigenen Unzulänglichkeiten, Schönheitstricks und Macken eigentlich gar nicht nötig und viel mehr in unserem Kopf verankert als in dem unseres Liebsten? Ich meine, seien wir mal ehrlich, welcher Mann glaubt schon allen Ernstes, dass wir naturgemäß glatte Beine haben? Oder super Gold glänzendes Haar statt mattbraunes? Ob Mann die Stoppeln auf den Beinen allerdings sehen wollen, ist eine andere Frage. Klar, es heißt, in guten wie in schlechten Zeiten, warum nicht also auch mit Ansatz oder ungeschminkt? Sollten wir nicht lieben, ohne Ausnahme, Vorurteil und Oberflächlichkeit? Mit Sicherheit! Nur die Sache mit der Magie bleibt. Wer einmal alles gezeigt hat, kann nicht mehr zurück und landet, auch ohne es zu wollen, in der Freundschaftsecke, in der wir alles teilen, von schlechter Haut über Haarprobleme bis hin zu PMS. Bei so viel Entzauberung bleibt nicht viel Spielraum für die Magie des Augenblicks. Die Karten liegen auf dem Tisch. Aber vielleicht ist das auch gar nicht so schlimm. Vielleicht ist es genau das, was uns am Ende auch durch schlechte Zeiten bringt, in denen wir nicht um fünf Uhr morgens aufstehen können, um Make-up aufzulegen. Wenn wir es schaffen, den Zauber auch ohne Concealer, mit strubbeligem Haare, in Leggings oder Jogginghose statt im Negligé aufrecht zu halten, ist das eine solide Grundlage. Damit meine ich nicht, dass wir uns gehen lassen können, die Haare nur kämmen, wenn es gar nicht mehr anders geht, zunehmen, bis Diabetes unvermeidlich ist, weil Sport irgendwie zu anstrengend erscheint und das vierte Stück Kuchen so gut geschmeckt hat. Nein, ich meine, dass wir uns nicht verstecken müssen, vor unserem Liebsten, nicht heimlich ins Bad schleichen, um ein Fantasiebild aufrecht zu erhalten, an das in Wirklichkeit ohnehin niemand glaubt. Und natürlich rasieren wir uns weiter die Beine, aber nicht weil wir blenden wollen, sondern weil wir es schöner finden oder angenehmer oder auch ganz ohne Grund. Daran gibt es überhaupt nichts auszusetzen. Gefallen zu wollen, ist nicht falsch, sich zu verstecken, aus der eigenen Unsicherheit heraus oder viel schlimmer noch, weil unser Gegenüber uns nur so lieben kann, macht jedoch nicht glücklich.
Im Gegenteil, auf Dauer eine Fassade zu wahren, statt uns zu zeigen, wie wir sind mit allen Fehlern und Macken, ist anstrengend, ermüdend und macht unglücklich. Wenn wir geliebt werden wollen, müssen wir uns zeigen, das kann beängstigend sein. Sich hinter Schönheitsidealen und dem schönen Schein zu verstecken, in der Hoffnung, das Interesse länger wach zu halten, ist dennoch keine Lösung. So verhindern wir, um unserer selbst willen geliebt zu werden. Wir geben unserem Herzmenschen nicht einmal die Möglichkeit, uns zu zeigen, dass er uns liebt, mit Schnupfnase oder ein paar Kilos zu viel auf den Hüften. Und wir berauben uns selbst um das Gefühl, gut genug zu sein, einfach so wie wir sind.