Paar, Liebe, Großstadt

Die große Liebe hoch drei

Paar, Liebe, Großstadt

Diese Woche habe ich gleich zwei Aussagen zur großen Liebe gelesen, die sich ähneln und doch nicht unterschiedlicher sein könnten.

Jeder Mensch hat drei große Lieben im Leben

haben Statistiker ermittelt, stand in der Zeitung. Mein erster Gedanke war, wenn es doch drei sind, wie kann dann jede von ihnen die große Liebe sein. Heißt es nicht die große LIEBE und nicht große LIEBEN? Doch ich genauer darüber nachdenke, ist die Aussage beinahe logisch, statistisch logisch zumindest. Jeder von uns hat eine erste große Liebe, oft in der Schulzeit, spätestens jedoch in den Zwanzigern. Meist hält diese Beziehung nicht, scheitert die vielen Veränderungen, die wir in dieser Phase durchmachen. Unsere Persönlichkeiten entwickeln sich, oft in verschiedene Richtungen. Wir alle kennen das Bild des Quaterbacks und der Anführerin der Cheerleader aus unzähligen Chickflicks und Liebesromanen. Einer der beiden wächst über den anderen hinaus und die ‚Liebe’ scheitert. In der Realität muss gar nicht einer den anderen überflügeln, das Leben kommt dazwischen, das Studium oder Distanz. Danach folgt die zweite große Liebe, diejenige, die wir eventuell heiraten, mit der wir eine Familie gründen, Kinder bekommen, einen Hund, eine Katze anschaffen, ein Haus bauen. Diese Liebe fällt dem Alltag zum Opfer, nicht immer, aber leider in der Hälfte aller Fälle, wenn man den Statistikern und der Scheidungsrate Glauben schenkt. Die Liebe verschwindet in Stress und Verpflichtungen. Das klingt zynisch, ist aber wahr. Wir halten durch, kämpfen, immerhin ist es die große Liebe, der Partner für Leben, oder? Und dann? Dann sind wir wieder allein, auf der Suche, vielleicht etwas länger, weil der Alltag ja immer noch seinen Tribut fordert. Nun setzt die mathematische Logik ein. Die Lebenszeit erlaubt gerade noch Raum für eine dritte große Liebe, wenn wir ehrlich sind und die gescheiterten Versuche ignorieren. Groß waren die ohnehin nicht und schon gar nicht die wahre Liebe. Die Statistiker haben also gar nicht die Liebe erforscht, sondern nur unseren Lebenszyklus und daraus den Durchschnitte gebildet. Mit Gefühlen haben diese Zahlen nichts zu tun.

Jeder Mensch hat eine erste und eine letzte große Liebe.

Diese Aussage klingt zauberhaft, ist nüchtern betrachtet jedoch erschreckend inhaltslos. Sie trifft auf jede Person zu, die sich auch nur einmal im Leben so richtig verliebt. Diese Liebe allein ist gleichzeitig die erste und letzte. Verlieben wir uns häufiger, geben wir beispielsweise dem obigen Beispiel recht, haben wir die erste große Teenagerliebe und die letzte, vielleicht, bis dass der Tod uns scheidet, oder eben das Leben. Darüber, was es mit der Liebe wirklich auf sich hat, sagt dieses Zitat auf den ersten Blick nichts. Und dennoch klingen die Worte irgendwie so, als sei in ihnen eine Wahrheit verborgen. Und ich glaube, dieses Gefühl täuscht nicht. Das Zitat enthält Hoffnung. Es gibt uns einen Ausblick darauf, was die Zukunft bereithalten kann, wenn wir enttäuscht, verzweifelt, traurig sind, weil wir gescheitert sind, mit dem, was vermeintlich die große Liebe für den Rest unserer Tage sein sollte, wenn wir das glauben, das Leben hält keine zweite oder sogar dritte Chance für uns bereit, noch einmal den einen Menschen zu finden. Denjenigen, der uns versteht, der mit uns alt werden will, bis zum letzten Atemzug, der unsere letzte große Liebe sein will. Ihr könntet jetzt argumentieren, dass die anderen eventuell gar keine großen Lieben im eigentlich Sinn waren, weil sie ja schließlich sonst nicht gescheitert wären und ihr könntet recht damit haben. Denn die wahre Liebe scheitert nicht, oder? Ob das  wirklich so ist, möchte ich nicht beurteilen. Ich will die Lieben, vor der letzten nicht schmälern, nur weil sie nicht für die Ewigkeit waren. Nur weil sie nicht perfekt waren, müssen sie nicht falsch gewesen sein, in diesem Moment. Wir wachsen, entwickeln uns und manchmal entfernen wir uns voneinander, das heißt aber nicht, dass alle Augenblicke zuvor unwichtig waren, das Glück, die Freude, die Aufregung, die wir erlebt haben, weniger echt. Was ich aber glauben möchte, ist, dass wir alle eine letzte große Liebe haben, die wir für immer im Herzen tragen, die unsere Seele so sehr prägt, dass sie auf ewig in Einklang mit diesem einen Menschen ist. Nennt mich naiv, aber ich halte daran fest , weil dieser Gedanke voller Hoffnung ist.