Spätestens seit dem Erfolg von Shades of Grey haben übermäßige Besitzansprüche den Sprung in die Romantik geschafft. Was früher Kontrollzwang hieß, ist heute leidenschaftliche Liebe, zumindest wenn man aktuellen dem Trend der Liebesromane glaubt. Jeder, der schon einmal einen übermäßig eifersüchtigen Partner hatte, weiß, wie schädlich dieses Gefühl ist und wie es jede Handlung überschattet. Nicht umsonst gilt Vertrauen als eine der Grundfeste jeder Beziehung. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser würden Eifersüchtige jetzt argumentieren, auch wenn das in meisten Ohren im Zusammenhang mit Liebe von Grund auf falsch klingt. Ich bin der Meinung, Reisende kann man nicht aufhalten, egal, wie sehr man sie kontrolliert. Aber darum geht es, glaube ich, bei der Romantisierung von ‚Du gehörst mir’ gar nicht.
Es geht nicht um Eifersucht, vielleicht nicht einmal um Kontrolle, auch wenn das auf den ersten Blick so wirkt. Es geht darum, sich in seinem Herzmenschen zu verlieren. Nicht darum, aus zwei Teilen ein besseres Ganzes zu machen, sondern sie zu einem Teil zu verschmelzen. Denn während der paranoid Eifersüchtige, seinen Partner kontrolliert, einengt, ja möglicherweise sogar isoliert und fesselt, ohne die gleichen Regeln zwingend auf sich selbst anzuwenden, bieten die Christian Greys dieser Welt ihrem Menschen genau das Gleiche, wie sie einfordern. Sie geben, was sie nehmen und das ist nicht weniger als sich selbst. Komplett. Ob das gesund ist, darf man bezweifeln. Aber Reiz an dieser Form der Beziehung ist zu verstehen: Wenn ich Dir gehöre, gehörst Du mir. Die Vorstellung birgt vor allen Dingen eines: Sicherheit. Solange sich beide an das Konzept halten. Gilt der Besitzanspruch nur für eine Seite, landen wir wieder bei Kontrollzwang und unkontrollierter Eifersucht. Diese Grenze ist fließend und so schmal, dass sie leider oft überschritten wird, bevor wir es merken. Ich wage zu behaupten, dass viel zu viele Menschen sich einem kontrollierenden Partner fügen, weil sie seinen Besitzanspruch als Zeichen seiner Liebe interpretieren und der Erfolg von Christian Grey hat diese Argumentation legitimiert, obwohl solche Figuren außerhalb von Buchseiten so rar sind wie seltene Edelsteine. Ich persönlich, verstehe die Idee, zwei Personen unauflöslich in einer Beziehung zu verschmelzen. Nur leider ist sie in der Realität kaum umsetzbar, da das Konzept eine ausnahmslose, unerschütterliche Bindung beider Seiten verlangt.
Aber vielleicht deute ich hier auch zu viel in den Erfolg der Bücher, denn auffällig ist, dass alle einen Millionär oder mindestens einen unsterblichen, übermenschlichen Partner zur Voraussetzung haben. Man könnte mutmaßen, dass das ‚Du gehörst mir’ dadurch auch einen geschäftlichen Aspekt beinhaltet. Denn wenn ich Dir gehöre, meine Freiheit, mein Leben für Dich aufgeben, ist es Deine Aufgabe, mich zu versorgen, zu beschützen und mir schwierige Entscheidungen abzunehmen. Das ist ebenfalls eine Form der Sicherheit, nur mit etwas anderen Grundregeln. Schon wird aus leidenschaftlicher Liebe eine Austausch von Sicherheit und Kontrolle. Klingt nicht besonders romantisch, finde ich, und hat auch nichts mit der an Wahnsinn grenzenden Verflechtung zweier Personen zu tun, die zweifellos auch ohne Geld funktionieren müsste, sollte es lediglich um Liebe gehen, oder? Der schale Beigeschmack, wird schärfer, wenn Geld oder Status zur Bedingung werden, oder?
Und dann wäre da noch eine andere Sache. Angeblich verleiht Liebe nämlich Flügel. Und wäre es nicht ein wundervolles Gefühl den Herzmenschen frei sein zu lassen und zu wissen, dass er dennoch an unserer Seite bleibt, ganz ohne unsichtbare Ketten und prall gefüllte Bankkonten?