Soll das alles sein?

Ich wette, genau jetzt fragen sich einige Menschen überall auf der Welt

Soll das alles sein?

War es das bis ans Ende meines Lebens? Mit diesem einen Menschen an meiner Seite, in diesem Haus, mit diesem Job? Nennt ihn Midlife-Crisis, Quaterlife-Crisis (die ist offensichtlich gerade auch sehr populär) oder nennt ihn einfach Unzufriedenheit, diesen Zustand, indem wir alles hinterfragen, was wichtig in unserem Leben ist. Ein neuer Job ist leicht gefunden. Ein Umzug? Aufwändig, aber machbar. Den Herzmenschen vor die Tür setzen oder selber die Koffer packen, eine Entscheidung, die wir nicht leichtfertig treffen sollten. Ein neuer Mann klingt verlockend, nach Abenteuer, nach Flugzeugen im Bauch. Nicht nach Alltag, Trott und Jogginghose auf dem Sofa. Was einmal ein Gefühl von Angekommensein war, fühlt sich unter Umständen heute nach Langweile an. Geborgenheit erdrückt, statt Sicherheit zu bieten und die immer selben Rituale erledigen wir im Schlaf und ohne Glitzern in den Augen. Der Gedanke, dass es so weitergeht, Monate, Jahre, für immer vielleicht, ist gruselig. Worauf sollen wir uns freuen, wenn nichts Neues mehr kommt? Die Antwort ist einfach und doch kompliziert: Auf das Leben natürlich, worauf denn sonst?

Dein Leben ist das, was Du daraus machst

Nicht, was Dein Mann, Deine Frau, Deine Eltern, Deine Freunde für Dich tun. Jeder ist selbst für das nächste Abenteuer verantwortlich, nicht der Partner und auch nicht das Leben selbst. Niemand zwingt uns zur Jogginghose und dem Abend auf der Couch. Zu glauben, das war’s und alle anderen sind schuld, ist unfair, naiv und ein klein wenig dumm. Wir müssen Dinge, die wir ändern können, nicht hinnehmen, weil wir sie eben ändern können. Warum also still dasitzen und das Leben im Geiste verfluchen, wenn die Welt vor der Haustür beginnt? Ich glaube, genau das ist die Krux. Das Motzen und Moppern, Meckern und Schmollen ist schon Gewohnheit. Das Schauen auf die anderen, die Gott weiß was, alles tun, die Spaß haben, wild sind, das Leben genießen, während wir zuschauen wie beim einem Film. Doch wir ändern nichts, beneiden, was wir nicht haben, statt zu genießen, was uns gehört. Den Menschen an unserer Seite, dem wir vertrauen, der uns hält, egal, was noch kommt. Der da sein wird, wenn wir alt sind, mit Pech sogar krank, der nicht zur nächsten Party rennt, sondern den Abend mit uns verbringt. Der eine Mensch, der nicht fragt, wo das nächste Abenteuer beginnt, sondern wie unser Tag war, was wir essen wollen und wie es uns geht. Ja, ja, das klingt langweilig, vielleicht ist es das auch. Aber ohne Geborgenheit finden wir kein Glück, sondern irren durchs Leben auf der Suche nach irgendwas. Dem Kick, dem Prickeln, dem Kribbeln im Bauch. Das klingt spannend und ist es womöglich auch. Doch wer hat gesagt, dass wir dafür allein sein müssen oder immer wieder neu? Wieso können wir nicht Hand in Hand mit dem einen das Leben leben und trotzdem mutig, abenteuerlustig, glücklich sein? Und wenn ihr gern fernseht, dann tut es doch auch. Nur weil andere tanzen bis zum Morgengrauen, kurz schlafen, dann sporten und sich treffen, trinken, von einem Trubel zum anderen taumeln, ist Euer Leben nicht weniger lebenswert und schon gar nicht weniger wert. Und wenn es nicht sein soll, mit dem einen, der gerade neben Dir sitzt, weil Du seit Jahren schon nichts mehr fühlst, dann hör auf zu meckern und raff Dich auf und lass los. Die Welt ist da draußen und wartet auf Dich. Doch wenn Du Dich erinnerst, wie alles begann und der Funken noch da ist, vielleicht nur ganz klein, dann lösche ihn nicht aus, sondern fache ihn neu an. Pack Deinen Herzmenschen an der Hand und das Leben beim Schopf, guck nicht nach rechts oder links, sondern voraus. Und wenn dort der Fernseher steht, auf dem gerade Netflix läuft, dann lehn Dich zurück und genieß den Moment. Lass Dich umarmen und atme durch, die Krise vergeht, die Liebe nicht. Während andere suchen, verzweifelt manchmal, hast Du sie gefunden, also halte sie fest. Und wenn das alles sein soll, ist das auch gut, weil Du geborgen bist, sicher, geliebt.