Ich habe einmal den Satz gehört: Ungefragte Kritik ist eine Beleidigung. Ähnliches könnte ich wohl auch über ungebetene Ratschläge behaupten.
“Wenn du besser kochen würdest, würde dein Freund dich sicher heiraten.“ Diesen Ratschlag habe ich tatsächlich bekommen und nicht meiner Großelterngeneration, nein von einer beinahe Gleichaltrigen. Damals habe ich erklärt, dass ich eigentlich gar nicht so schlecht koche, und dass ich gar nicht unbedingt heiraten will, aber das hat die Ratgeberin nicht interessiert. Vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass sie selbst mit Vorliebe kocht. “Ihr solltet unbedingt bald Kinder bekommen. Kinder machen glücklich und ihr seid im Alter nicht einsam.“ Auch ein wohlgemeinter Ratschlag, den ich nicht hören wollte und ich hoffe, auch die Kinder des Paares hören nie, dass sie Mittel zum Zweck waren und im Alter die Langeweile ihrer Eltern vertreiben sollen. Einer Freundin wurde die schlechte Laune ihres Mannes geraten, neue Vorhänge zu kaufen und das Haus schöner zu gestalten, dann wäre der Mann auch gleich besser gelaunt. Davon abgesehen, dass diese Ratschläge direkt aus den Fünfzigern oder Stepford stammen könnten, sind sie auch unangebracht. Hätte ich darüber gejammert, dass mein Freund die Ehe verweigert, wäre der Ratschlag an sich zwar immer noch dumm gewesen, aber zumindest hätte ich um Hilfe gebeten. So lässt sich die Aussage schlicht auf die Meinung reduzieren, dass ich schlecht koche. Warum Menschen immer wieder dazu neigen, uns darüber zu belehren, wie wir unser Leben oder unserer Beziehung verbessern können, obwohl wir nicht einmal Unzufriedenheit über den jetzigen Zustand geäußert haben, frage ich mich schon lange.
Ich glaube, der Grund ist schlicht: Die Ratgebenden wollen ihr eigenes Leben rechtfertigen, als richtig und gut und letztendlich Maß aller Dinge. Genau wie die Hobbyköchin der Meinung ist, dass ihr Mann sie unter anderem wegen ihrer Fürsorge in Bezug auf seine Ernährung schätzt, nutzt die selbsternannte Dekorateurin jede Gelegenheit, ihr Haus umzugestalten. Daran ist nichts verkehrt, nur möchte ich deshalb nicht den gleichen Weg einschlagen. Für die Ratgeber wäre es aber wohl unerträglich, wenn ich einen anderen, meinen Weg gehe, der vollkommen anders ist als der ihre, und trotzdem erfolgreich oder glücklich werde. Dann müssten sie sich fragen, ob sie etwas anders hätten machen können und trotzdem an ihr Ziel gelangt wären. Vielleicht ist es auf Dauer auch anstrengend montags einen Braten zu kochen und dienstags ein Drei-Gänge-Menü, aber die Sorge, der Mann könnte weniger Komfort nicht gutheißen, zu groß. Vielleicht sind Vorhänge im Großen und Ganze gesehen irrelevant und in Wirklichkeit ein verzweifelter Versuch, die Fassade aufrecht zu erhalten. Wenn dann jemand daher kommt, alles anders macht und trotzdem zufrieden ist, ist das mit Sicherheit erschütternd. Eventuell interpretiere ich hier auch zu viel und Menschen, die unaufgefordert Ratschläge verteilen, die am Ende sogar beleidigend sind, wollen nichts anderes erreichen, als dass ich mich schlecht fühle.
Heute rechtfertige ich mich nicht mehr, denn auch wenn ich, wie gesagt ganz ordentlich koche und durchaus schon einmal Vorhänge gekauft habe, weiß ich, dass mein Herzmensch mich nicht aufgrund solcher Oberflächlichkeiten liebt.