Fans von Liebesromanen kennen sie, die Friends to Lovers Geschichten. Beste Freunde, oft seit Kindertagen, die meist heimlich ineinander verliebt sind, ihr Geheimnis jedoch wahren, weil sie die Freundschaft nicht riskieren wollen. Ich weiß nicht, ob solche Liebesgeschichten außerhalb von Buchdeckeln tatsächlich existieren – ihr dürft mir gerne schreiben, wenn ihr selbst Teil einer solchen Beziehung seid – aber ich weiß, dass die Formulierung
Ich bin mit meinem besten Freund verheiratet
etwas Besonderes ist. Denn mit wem sonst, außer dem besten Freund sollten wir den Rest unseres Lebens verbringen? Die Vorstellung, dass der Mensch an unserer Seite, der bestmögliche ist und nicht nur ein Platzhalter, bis wir jemand besseres gefunden haben oder nur ein warmer Körper auf der anderen Bettseite, mit dem wir zwar das Leben, aber nicht unsere Gedanken teilen, ist gruselig. Nein, mein Leben an der Seite eines Menschen zu bestreiten, der nicht mein Partner in Crime, mein Vertrauter, mein bester Freund ist, erscheint mir sinnlos. Ich müsste doch ständig die Augen offen halten auf der Such nach der wahren Liebe und dem echten Verbündeten. Das wäre unfair und eine Verschwendung von Zeit, sowohl meiner als auch der meines Interimsfreundes. Leider haben nicht alle, wahrscheinlich sogar die wenigsten einen Kindheitsfreund, in den sie sich passenderweise verlieben. Was also tun? Das wäre die Liebe auf den ersten Blick, das Gefühl, von einer Sekunde auf die andere den Partner fürs Leben gefunden zu haben. Das Kribbeln im Bauch, das Sehnen, das Wissen um die Richtigkeit der Gefühle. Aber auch die Liebe auf den ersten Blick ist nur den wenigsten vergönnt. Wir anderen bleiben übrig auf der Suche nach dem einen Menschen und dem für immer vielleicht. Es bleibt der Augenblick, die ersten Funken, wenn wir jemanden kennenlernen. Leidenschaft, das Prickeln, die Anziehung – mit etwas Glück berührt sie auf Gegenseitigkeit.
Im Liebesroman wäre von hier an alles ganz leicht. Beide schwören sich, zusammenzubleiben nur für den Moment, bis die Leidenschaft verglüht. Sie verbringen Zeit miteinander, lösen Probleme und ohne dass sie es merken, wird aus Leidenschaft Liebe und das persönliche Happy ever after. Klingt simpel, ist es vielleicht auch, nur schreibt das Leben seine eigenen Regeln. Zeit miteinander zu verbringen, erzeugt nicht automatisch Liebe und aus Verliebtheit wird nicht zwangsläufig Freundschaft. Und vielleicht ist genau das der Clou, der Hinweis darauf, ob wir den richtigen Menschen gefunden haben, denjenigen mit dem wir die Welt erobern und ein Zuhause schaffen können. Den Menschen, dem ich vor allen anderen erzählen will, was mir an diesem Tag passiert ist, von dem ich hören will, was er denkt und mit dem ihm fühlen will und lachen.Wenn aus Leidenschaft Liebe wird und aus sprühenden Funken ein verlässliches Glühen. Denn Funken verglühen und lodern an anderen Orten neu auf, ein stetiges Feuer hält uns geborgen an der Seite des einen, des richtigen Menschen. Aus wilden Zeiten werden ruhigere, alles andere wäre kaum lebbar und auf Dauer viel anstrengender als schön. Nur verglühen darf die Flamme nie, auch wenn wir Freunde sind, vielleicht sogar gerade deshalb, sonst sind wir eines Tages nur das, Freunde und Eltern, Mitbewohner, Bewahrer gemeinsamer Erinnerungen, aber keine Partner in Crime. Das Leben ist voller Herausforderungen und Liebe ist eine davon. Den Herzmenschen zu finden, zu halten und für immer zu bleiben, ist nicht leicht, aber das hat auch keiner gesagt. Eins weiß ich sicher, wenn aus Leidenschaft Liebe wird und ich den Menschen an meiner Seite anschaue und denke
Das ist mein bester Freund
dann bin ich auf dem richtigen Weg.